Transformation
Der Motorradrennsport durchläuft eine tiefgreifende Transformation hin zu klimaneutralen Technologien. Während die MotoE als rein elektrische Rennserie seit 2023 mit Ducatis innovativem V21L-Prototyp neue Maßstäbe setzt, treibt die MotoGP die Entwicklung nachhaltiger Kraftstoffe und effizienterer Motoren voran. Beide Serien fungieren als Laboratorien für die Zweiradindustrie, wobei die gewonnenen Erkenntnisse direkt in die Serienproduktion einfließen. Diese Initiativen sind Teil eines globalen Trends, der den Motorsport vom Umweltproblem zum Vorreiter der Dekarbonisierung machen soll.
MotoE
Die MotoE, 2019 als erste vollständig elektrische FIM-Weltmeisterschaft gestartet, hat sich unter der technischen Führung von Ducati zum Technologieträger entwickelt. Der 2023 eingeführte Ducati.V21L-Prototyp demonstriert, dass Elektromotorräder nicht nur umweltfreundlich, sondern auch leistungsstark und alltagstauglich sein können.
Leichtbau und Thermomanagement
Mit einem Gesamtgewicht von 224,5 kg unterbietet die V21L seinen Vorgänger von Energica um 35,5 kg – eine Reduktion, die durch radikalen Leichtbau erreicht wird. Das 110 kg schwere Batteriepaket aus 1.152 zylindrischen Zellendient als tragendes Strukturelement, ähnlich dem Rahmenkonzept von Ducatis Superbikes. Die 800-Volt-Architektur ermöglicht eine Ladeleistung von 20 kW, wodurch die 18-kWh-Batterie in nur 45 Minuten zu 80 % aufgeladen werden kann. Ein Besonderheit ist das „dual-circuit“-Kühlsystem: Separate Kreisläufe für Batterie und Motor/Wechselrichter halten die Temperaturen konstant bei 70 bzw. 75 Grad Celsius. Das ermöglicht das sofortige Laden nach Rennsessions – ein entscheidender Vorteil gegenüber früheren Modellen, die stundenlanges Abkühlen erforderten.
Leistungsdaten
Der permanent erregte Synchronmotor liefert 150 PS und 140 Nm Drehmoment, beschleunigt das Bike in 2,8 Sekunden auf 100 km/h und erreicht in Mugello 275 km/h. Trotz der Leistungsähnlichkeit zur Energica Ego Corsa verbesserte das geringere Gewicht die Rundenzeiten je nach Strecke um bis zu vier Sekunden.
Technologietransfer
Ducati betont den Technologietransfer: Das modulare Batteriedesign und die kompakte Leistungselektronik (5 kg Wechselrichter) fließen bereits in die Entwicklung des Ducati Streetfighter E ein. Für Ducati ist die MotoE ist kein reines Rennprojekt. Jede Innovation soll langfristig die Straßenmaschinen der Audi-Tochter prägen.
MotoGP
Während die MotoE auf Elektrifizierung setzt, verfolgt die MotoGP einen komplementären Ansatz: Die Verbrenner-Motoren sollen durch nachhaltige Kraftstoffe klimaneutral werden. Seit 2024 müssen alle Teams mindestens 40 % nicht-fossile Kraftstoffe einsetzen, die aus Abfallbiomasse, Non-Food-Pflanzen oder CO₂-Abscheidung gewonnen werden. Bis 2027 steigt dieser Anteil auf 100 %, wobei die Produktion vollständig mit erneuerbaren Energien erfolgen muss. Parallel zur Kraftstoffwende reduziert die MotoGP die Motorgröße von bisher 1.000 cm³ auf 850 cm und senkt den Tankinhalt von 22 auf 20 Liter. Diese Maßnahmen zielen neben Sicherheit und Kosteneffizienz auf mehr Nachhaltigkeit.
Technologieoffenheit
Durch die parallele Entwicklung elektrischer Antriebe und CO₂-neutraler Verbrennertechnologien decken die MotoGP und MotoE das gesamte Spektrum zukünftiger Mobilität ab. Dieser Dualismus könnte zu einer Blaupause für andere Motorsportarten werden: Indem man technologieoffen sowohl disruptive Elektrifizierung als auch evolutionäre Verbrenneroptimierung fördert, schafft man eine Brücke zwischen ökologischen Zielen und technologischer Vielfalt.